Die Wiederholung des Gelernten ist das A und O des Lernens, damit der Stoff auch dauerhaft im Gedächtnis bleibt.
Diese Binsenweisheit ließ uns bereits den vorletzten Beitrag zu dieser Trainingsserie schreiben, hier folgt eine
weitere Folge. Alles, was hier präsentiert wird, wurde in einer der vielen Folgen der SCHACHSCHULE 64 erwähnt,
gestreift oder aufbereitet. Eines der zentralen Themen ist der aktive Einsatz der Figuren. Im ersten Beispiel
geschieht dies mithilfe eines raffinierten Manövers.
Grünfeldindisch D 94
F. Döttling - P. Salzmann
Bundesliga 2008/2089
Schwarz hat sich darauf kapriziert, mit aller Kraft den Punkt d5 zu halten. Er könnte damit durchaus Erfolg haben.
Doch mit einem feinen Manöver 20. Lg4! investiert Weiß zwei Tempi, um im schwarzen Lager ein Einbruchsfeld (e6)
zu schaffen. 20. …f5 21. Lf3 Es droht Txc6, gefolgt von dem vernichtenden Einschlag Lxd5.
21. …Kh7 22. Lxd5 Dxd5?! Jetzt wird die weiße Idee mühelos verwirklicht. Zäher ist …cxd5 23. Tc5 Txc5 24. dxc5.
Weiß steht zweifellos besser, sein Bc5 ist stärker als der Bd5, dennoch war diese Variante aus der Sicht von Schwarz
das kleinere Übel. 23. Dxd5 cxd5 24. Lb4 Txc1 Auch nach 24. …Tfe8 25. Txc8 Txc8 26. Lc5 a6 27. Te1 (droht Te6)
27. …Tc6 28. Te7 Kg8 29. Td7 gewinnt Weiß einen Bauern. 25. Txc1 Tf7 26. Lc5 a6 27. Te1
Es droht Te6 nebst Txa6. Immer wieder entscheidet der Einbruch via e6, ebendiesem Feld, das durch 20. Lg4! geschwächt
wurde. Diese Partie muss zwar nicht unbedingt in ein Buch über die Bundesliga aufgenommen werden, aber sie liefert
ein prima Beispiel zum Thema "wie schafft man eine Schwäche im gegnerischen Lager".
27. …Tf6 28. Te5 g5 29. Txd5 Kg6 30. Kf1 Te6 31. Td7 - 1:0
Die Aufgabe kam nicht zu früh. Gegen Ta7 nebst d5 ist kein Kraut gewachsen.
Der Weißspieler in dieser Partie, Fabian Döttling (Jahrgang 1980) gehörte eine Zeit lang zu den größten Talenten des
Deutschen Schachbunds. Mit 16 wurde er Jugendeuropameister, später Großmeister und zeitweise Nationalspieler. Im
Gegensatz zu manchem seiner Zeitgenossen hat er seine Schachkarriere nicht intensiv verfolgt und sich für eine
gesicherte Existenz als Lehrer für Englisch und Geschichte entschieden.
Auf der Suche nach einem "Eingang" in die gegnerische Stellung ist manchmal ein materielles Opfer nötig, wonach der
Weg schön geräumt wird.
Ruan Lufei - Zhao Xue
Jermuk 2012
Weiß am Zug
Die Weißspielerin hat lange gegrübelt, ob es in den Varianten, in denen sie gegnerische Schachgebote zulässt, wie
etwa 48. …Se4+ 49. Ke5 Kg7 50. Tc7+ Kh6 oder 48. …Sg4+ 49. Kd6 Kf6 einen zuverlässigen Gewinnweg gibt oder nicht.
Dann kam ihr eine viel bessere Lösung in den Sinn: 48. Txf6+! Kxf6 49. Kd6! - 1:0 mit Gewinn im Bauernendspiel:
49. …Kf7 50. Kd7! Kf6 51. Ke8! Kg7 52. Ke7 Kg8 53. Kf6! Kh7 54. Kf7 Kh6
und wegen 55. Kg8! was 55. …g5 erzwingt und zum Gewinn führt: 56. hxg5+ Kg6 57. Kf8 usw.
Im nächsten Beispiel hat der Verteidiger die Aktivität seines Königs ohne Not eingeschränkt umd bekam die Quittung.
A. Aljechin - E. Bogoljubow
WM-Match (14), 1929
Weiß am Zug
Weiß überprüfte 70. Kc7 mit Angriff auf den Turm und verwarf das Vorgehen wegen 70. …Tf8 71. b6 Ke4 72. b7 f5 73. b8D
Txb8 74. Txb8 f4 mit remislichem Ende, da das Gespann aus König und Bauer leicht vorwärtskommt. Dann traf Weiß eine
andere Entscheidung: 70. b6 und das war eine gute, denn sein Gegner schickte seinen König in die falsche
Richtung: 70. …Kg4?? 70. …Ke4! ist aktiver und remisiert nach den weiteren Zügen 71. b7 f5 72. b8D Txb8
73. Txb8 f4 74. Te8+ Kd3. 71. b7 f5 72. b8D Txb8 73. Txb8
Im Gegensatz zu der vorher angegebenen Variante (mit dem aktiven König auf e4) ist der weiße König schneller und
bringt den Sieg:73. …f4 74. Kd5 f3 75. Ke4 f2 76. Tf8 Kg3 77. Ke3 - 1:0
Auch im nächsten, einem etwas komplizierteren Beispiel wird die Aktivierung des Königs ausschlaggebend sein.
B. Gratschew – W. Potkin
Russische EM, Ulan-Ude 2009
Stellung nach 36. g2-g4
Schwarz hätte hier die Partie verpatzen können, wenn er voreilig einen Freibauern bilden und den gegnerischen König
nach e4 lassen würde, man sehe 36. …d4? 37. cxd4 c4 (37. …cxd4? 38. Ke4 Kc5 39. f5 usw.) 38. Ke4 b4 39. axb4 c3 40.
Kd3! cxb2 41. Kc2, und Weiß siegt.
36. …c4! Das ist die Lösung. Jetzt ist der c-Bauer ein Feld weiter vorgerückt als in der letzten Variante, der
bereits angedeutete Bauerndurchbruch bringt die Entscheidung zugunsten des Nachziehenden. 37. g5 d4 38. cxd4
Wahlweise 38. Ke4 d3 39. Ke3 Ke6 nebst …Kf5 und Gewinn. 38. …b4!
Am Damenflügel wird nun ein Freibauer entstehen: 39. Ke4 b3 40. Ke3 c3, und der Vorhang fällt. In der Partie geschah
noch 39. Kg6 bxa3 40. bxa3 c3 41. f5 c2 42. Kxg7 c1D 43. g6 Dc7+ - 0:1
Im letzten Beispiel ändert sich das Bühnenbild etwas (wir bereiten damit einen Übergang zur nächsten Folge vor), aber
das Hauptmotiv - die Aktivität der Figuren - bleibt.
J. Tairowa – I. Nepomniachtchi
Moskau 2006
Schwarz am Zug
Der Nachziehende sucht nach einer Möglichkeit, in die gegnerische Stellung einzudringen, oder den Läufer d5 zu
aktivieren, oder am besten beides. In der Partie geschah 42. …Txe3 43. Dxe3 Df3+! 44. Dxf3 exf3 Drohend …f2+
nebst Matt, weswegen z. B. 45. Tf1 nicht gut spielbar ist. 45. h3 f2+ und die Weißspielerin gab auf.
Auf Dauer ist dieses Endspiel, mit nur zwei Bauern für die Figur, sicherlich für Weiß verloren, weswegen die
Entscheidung einleuchtet.
Nicht einleuchtet aber die Bewertung des einleitenden Zuges …Txe3 im Turnierbulletin, nämlich mit "!!" für einen
"Hammerzug" oder sonstigen Superlativ. Das trifft nicht zu, viel stärker und eleganter war 42. …Tf2!! was forciert
zum Matt führt:
Die primäre Drohung ist …Df3+ und Matt, was zwar verhindert werden kann, jedoch stets um den Preis einer
entscheidenden Aktivierung des Läufers d5. Sehen Sie selbst:
Teil 118 der Schachschule 64 kann
hier
als PDF-Datei heruntergeladen werden. Die Printausgabe unterscheidet sich etwas von der Online-Version, bei der das
eine oder andere Diagramm und hin und wieder weiterer erklärender Text die jeweilige Folge ergänzen.
Zu der nachstehend abgebildeten Stellung kam es am im Januar beim Open in Gibraltar zwischen zwei Spielern der
Weltklasse. Weiß hat einen Bauern mehr, kann aber die Punkteteilung – zu der es mehrere Wege gibt – nicht verhindern:
Jahrgangsschuber
Der Preis pro Stück für 12 Ausgaben – inklusive Porto und Schutz-Verpackung beträgt € 14,90 Bestellungen bitte unter Tel.: (0421) 36 90 325