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Schachschule 64 ::
Richtig beginnenGrundlagen der Eröffnungen: Der Wechsel von der Symmetrie zur AsymmetrieIn mehreren früheren Folgen beschäftigten wir uns mit früh entstehenden symmetrischen Bauernaufstellungen oder mit Eröffnungen, in denen eine symmetrische Spielweise vorherrschte. Doch nichts auf der Welt währt ewig und dies gilt auch für die Symmetrie in Schacheröffnungen. In dieser Folge schauen wir uns einen typischen Scheideweg an. Die ersten sechs Züge absolvieren wir im Eiltempo, denn sie wurden in der letzten Folge bereits ausgiebig erläutert. 1. e4 e5 2. Sf3 Sc6 3. Sc3 Sf6 4. Lb5 Lb4 5. 0-0 0-0 6. Lxc6 dxc6 ![]() Läuferpaar und Springer stehen zwei Springer und einem Läufer gegenüber. Im sechsten Zug war die spiegelbildliche Spielweise beendet. Die Aufstellung der Bauern (die so genannte Bauernstruktur) ist - zumindest auf dem Damenflügel - nicht gleich. Ein Unterschied besteht auch, was das kleine Heer der Leichtfiguren angeht. Da auf c6 der weiße Läufer gegen den schwarzen Springer getauscht wurde, besitzt Schwarz zwei Läufer (das sog. Läuferpaar) und einen Springer, während Weiß einen Läufer sein eigen nennen kann, ihm steht dafür die ganze "Kavallerie" zur Verfügung. Dies ist eine allgemeine Bilanz, die immer gezogen werden sollte, bevor es ans Pläne schmieden geht. Im Moment steht Weiß vor zwei Aufgaben: Er muss sich entscheiden, ob er den Bauern auf e5 schlägt und überlegen, wie er den noch in der Grundstellung schlummernden - man sagt auch passiven - Damenläufer von c1 ins Spiel bekommt. 1. Zu der ersten Möglichkeit: Auf e5 kann man keine Beute machen, jedenfalls ist der materielle Vorteil nach 7. Sxe5 nur von kurzer Dauer. Schwarz kann 7. …Te8 spielen, den Springer angreifen und sich den Bauern zurückholen, sowohl nach 8. Sd3 (mit Angriff auf den Läufer b4) Lxc3 9. dxc3 Sxe4, als auch nach 8. Sf3 Sxe4 oder schließlich nach 8. d4 c5!, wonach …cxd4 mit Gewinn eines der weißen Springer droht. ![]() Stünde da nur nicht der schwarze Bauer auf e5, eine kleine Bauerngabel käme Weiß zupass … Stellungen dieser Art bekommt man in der Spielpraxis oft zu sehen. Dabei überkommt den Weißspieler oft auch der Gedanke, es wäre doch schön, könnte ich den e-Bauern jetzt nach e5 vorziehen und damit zwei Leichtfiguren angreifen. Solcher Doppelangriff wird sehr anschaulich Gabel genannt, und da hier ein Bauer die Figuren aufspießt, nahe liegend eine Bauerngabel. Nun steht aber auf e5 ein schwarzer Bauer, der Vorstoß e4-e5 ist nicht möglich. Doch was ist, wenn man den Bauern e5 beseitigt, etwa mit 8. d4 exd4 9. Dxd4; was ist davon zu halten? ![]() Das Feld e5 ist fest in weißer Hand, es ist gut zu wissen, wann man am besten die Beine in die Hand nimmt… Jetzt droht e4-e5 doch wirklich, oder? Stimmt, Schwarz muss auf die drohende Bauerngabel reagieren, aber wie? Es gibt grundsätzlich drei Methoden, wie man eine Bauerngabel verhindert.
In der Diagrammstellung spielte sie 9. …Sg4! Schwarz verhindert auf diese Weise gleich zwei gegnerische Angriffszüge mit einem Bauern. Der Vorstoß
![]() Analysediagramm Von der Symmetrie ist nicht mehr viel zu sehen. Spätestens, wenn die Seite, die kopiert wird, Schach bietet, ist Schluss mit lustigt. wird mit einem kleinen taktischen Trick widerlegt: 10. …Lxe5!, und Weiß hat einen Bauern eingebüßt. 11. Sxe5?? geht ja nicht, die weiße Dame bliebe ohne Deckung und könnte von der Dame d8 geschlagen werden, also muss Weiß seine Dame ziehen, oder sie auf d8 abtauschen, in beiden Fällen ist der Läufer auf e5 nicht in Gefahr, bei Bedarf, z. B. nach 11. Dxd8 Txd8 12. h3, kann er sich einfach auf c3 gegen den Springer abtauschen. Weiß hat bei der ganzen Aktion mit e4-e5 einen Bauern eingebüßt. bedroht zwar den Springer g4, aber dieser kann unerwartet mitten in die gegnerischen Reihen hüpfen: 10. …Sh2! ![]() Analysediagramm Das Zurücknehmen auf c3 mit dem b-Bauern ist günstig für Weiß, der bereits mit dem Zwischenschach auf d7 einen Bauern erobert hat. Dies ist die Art von Zügen, die man - wenn man sie zum ersten Mal sieht - für eine kleine Zauberei hält, später gehen sie in Fleisch und Blut über. Entscheidend dabei ist das taktische Motiv des Zwischenschachs, wie man es nach 11. Sxh2?? Lxh2+ 12. Kxh2 Dxd4 besonders "brutal" vorgeführt bekommt; die weiße Dame verabschiedete sich. Nach 10…Sh2 kann Weiß 11. e5 spielen, bekommt aber nach 11. …Sxf3+ 12. gxf3 Le7 13. Dxd8 Txd8 eine ziemlich schlechte Stellung auf dem Königsflügel; sein Bauer h3 hängt auch noch. Kurzum, der raffinierte Springerzug nach g4 verhinderte alle angreifenden Bauernzüge. In der besagten Turnierpartie aus Norwegen geschah weiter ![]() Weiß wird weiterhin im Zentrum ausgebremst - aus taktischen Gründen ist e4-e5 nicht gut spielbar. Er muss aber dringend etwas gegen die Drohung ...Lxh2+ unternehmen; in der Partie deckt er deshalb vorsorglich die Dame mit Se2. 10. Se2 Deckt vorsorglich die Dame d4. 10. …De7 Nimmt das Feld e5 unter Kontrolle und verhindert erneut e4-e5. 11. h3 Se5 12. Sxe5 Lxe5 13. De3 f5 14. exf5 Etwas besser war 14. f4 Ld6 15. e5 Lc5 16. Sd4 Td8 17. c3. 14. …Lxf5 15. Sd4 Ld7 16. Ld2 Dd6 17. Db3+ Kh8 18. Sf3 Le6 19. Db4 Nach 19. Dxb7 Tab8 20. Dxa7 Lxb2 spielen alle schwarzen Figuren aktiv mit. 19. …c5 und Schwarz stand gut. Nach dem Partiezug 20. Dh4? gewann die Exweltmeisterin Material mit ![]() Zwei Leichtfiguren zählen im Allgemeinen mehr als ein Turm, daher ist diese Abwicklung aus Sicht von Schwarz ein gutes Geschäft. 20. …Txf3! 21. gxf3 Dxd2 und entschied mühelos die Partie für sich: 22. Tfe1 Lf6 23. Dg3 Lg8 24. Dxc7 Ld4 25. Dg3 Dxc2 26. Te7 Dxb2 27. Tae1 Dxa2 28. Txb7 a5 29. f4 Tf8 30. Tbe7 a4 31. h4 Db3 32. Dg4 Dc4 33. Kh1 und Weiß gab auf – 0:1 In diesem Beispiel haben wir gesehen, dass das voreilige Aufreißen des Zentrums mit den Züge 8.d4 cxd4 9.Dxd4 zwar die Drohung e4-e5 erzeugte, diese wurde jedoch geschickt abgewehrt. In den meisten Fällen verzichtete Weiß im 8.Zug auf die etwas gewaltsame Aktion d3-d4 und brachte seinen Damenläufer ins Spiel. Darauf wird in der nächsten Folge eingegangen. ![]() Schachschule 64 als PDFTeil 18 der Schachschule 64 ist in Ausgabe Schach-Magazin 64, November 2011, erschienen und kann hier als PDF-Datei heruntergeladen werden. Die Printausgabe unterscheidet sich etwas von der Online-Version, bei der das eine oder andere Diagramm und hin und wieder weiterer erklärende Text die jeweilige Folge ergänzen. |
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