Schach Magazin
Ausgabe 12 mit diesen zentralen Themen ::

Tegernsee: Aus der Not geboren, gut geworden






Alexander Donchenko (l., 22 Jahre, Elo 2658) und Liviu Dieter Nisipeanu. Der 44-jährige Turniersenior - mit 2657 Elopunkten die Nummer zwei (hinter Matthias Blübaum) wechselte 2014 von der rumänischen Schachföderation zum Deutschen Schachbund.

Foto: Sebastian Siebrecht


Eine der besten Regionen in der deutschen Schachlandschaft liegt im Süden der Republik, nahe der Grenze zu Österreich. Die dortigen benachbarten Gemeinden dienten wiederholt als Ausrichtungsstätten eines der größten und von der Teilnehmerzahl quantitativ wie qualitativ stärksten Schachturniers hierzulande, der offenen Internationalen Bayrischen Meisterschaft (OIBM), die früher im benachbarten Bad Wiessee ausgetragen wurde und die für immer mit dem Namen des Begründers und langjährigen Tur-nierdirektors Horst Leckner verbunden sein wird. Als dieser aus Altersgründen eine Staffelübergabe beschloss, traf er eine gute Wahl. Ab 2016 sorgt der - von Leckners langjährigen Mitstreitern unterstützte - Essener Großmeister Sebastian Siebrecht - für den Fort-bestand dieser renommierten Veranstaltung.

Die ersten Jahrgänge unter Siebrechts Leitung boten das gewohnte Bild (alles läuft reibungslos, wieder rund 500 Turnierteil-nehmer mit von der Partie), erst mit Beginn der Corona-Pandemie ploppten im Vorfeld der 2020er Austragung die ersten Sorgen auf. Das Ausrichterteam und die TTT (Tegernseer Tal Tourismus GmbH) wollten das Turnier retten, erarbeiteten bereits im April ein Hygienekonzept, das sie dem Landratsamt vorlegte. Dieser segnete das Konzept ab, das Turnier wurde offiziell angekündigt und die Turnieranmeldungen trafen ein. Doch im Zuge der "zweiten Corona-Welle" kam das Aus. "Anfang Oktober hieß es dann von den Tal-Bürgermeistern, die Corona-Zahlen seien zu hoch, das Turnier zu groß. Wir müssten das Turnier leider absagen", sagt Siebrecht.

Dies war der Abgesang auf das Open, jedoch nicht auf eine Topveranstaltung am gewohnten Ort zur gewohnten Zeit und in ge-wohnter Qualität. Vom 31. Oktober bis zum 8. November wurde im Hotel Alpensonne in Bad Wiessee ein Einzelturnier der klassi-schen Art ausgetragen: keine anfällige online-Veranstaltung, sondern ein von menschlicher Präsenz geprägtes Turnier am Brett und mit Turnierbedenkzeit. Und mit attraktiver Besetzung; vielleicht nicht nach den Maßstäben der Superturniere mit Carlsen & Co, aber mit spielstarken jungen Titelträgern und weiteren interessanten Teilnehmern. Hier lohnt ein längerer Blick; Reihenfolge nach den Wertungszahlen vor dem Turnier.

[…]

Réti-Eröffnung A 13
A. Donchenko - L. D. Nisipeanu
3. Runde, 2020


1. c4 e6 2. g3 d5 3. Lg2 Sf6 4. Sf3 dxc4 5. Da4+ Ld7 6. Dxc4 c5 7. Se5



Wer zum ersten Mal diese Eröffnungsvariante sieht, mag sich wundern, warum jetzt …Dc8 geschieht. Klar ist, der Bauer b7 muss vor dem Zugriff des Läufers g2 geschützt werden, aber warum zieht Schwarz nicht 7. …Dc7? Dies deckt b7 ebenfalls, aber die schwarze Dame greift doch den Springer e5 an, oder? Ja, aber nach der Antwort 8. d4 erscheint die Möglichkeit 9. Lf4 am Horizont. Wichtig ist dabei, dass Schwarz wegen der ungedeckten Stellung seiner Dame auf c7 nicht …cxd4 spielen darf. Nach dem Partiezug 7. …Dc8 kann Schwarz auf 8. d4 einfach 8. …cxd4 9. Dxc8+ Lxc8 folgen lassen. 8. Dd3 Kaum hat der Leser den ungewöhnlichen Zug 7. …Dc8 verdaut, schon setzt man ihm einen anderen vor. Sein Geheimnis wird in der Partie noch gelüftet. Erwähnenswert ist die Premiere (Grischuk-Wojtaszek, Doha 2016), dort geschah 8. …Sc6 9. Sxd7 Sxd7 10. Db5 mit dem Hintergedanken, Lxc6 folgen zu lassen, was die schwarze Bauernstruktur "anknabbert". 10. …Sde5 11. f4 a6 12. Da4









Analysediagramm

Weiß steht besser, z. B. 12. …b5 13. Db3 c4 (Oder 13. …Sd7 14. Df3!) 14. De3 Sd7 15. Df3 Sdb8 16. b3 mit der Idee Lb2, Sc3 und Tc1 mit Druck auf der c-Linie und auf der langen Diagonale; eine beachtliche strategische Idee. In der erwähnten Partie geschah 12. …Sd7 13. Lxc6 bxc6, und Weiß gelang es vorbildlich, aus der geschwächten schwarzen Bauernstruktur Nutzen zu ziehen: 14. Sa3 Sb6 15. De4 Le7 16. b3 Dd7 17. Lb2 0-0 18. d3 Dd5 19. Sc4 Sxc4 20. bxc4 Dxe4 21. dxe4 Tab8 22. Lc3 f5 23. e5 Tfd8 24. Kf2 Kf7 25. Tab1 h5 26. Tb3 Txb3 27. axb3 Tb8 28. Tb1 g5 29. Ke3 g4 30. Kd3 h4 31. Kc2 h3 32. Ta1 Ta8 33. Le1 Ke8 34. Lf2 Kd7 35. Kc3 a5 36. Kc2 Kc7 37. Le3 Kb6 38. b4 a4 39. bxc5+ Kc7 40. Kc3 Tb8 41. Txa4 Tb1 42. Ta7+ Kd8 43. Ta8+ Kd7 44. Ta7+ Kd8 45. Ta8+ Kd7 46. Ta7+ Ke8 47. Tc7 Th1 48. Txc6 Txh2 49. Txe6 Txe2 50. Kd3 Ta2 51. c6 Kf7 52. Th6 Ta3+ 53. Kd4 Lf8 54. c7 Ta8 55. Th5 Tc8 56. Txf5+ Ke6 57. Th5 Txc7 58. f5+ Kf7 59. Lg5 Td7+ 60. Ke4 Td1 61. e6+ Kg7 62. Lh6+ Kg8 63. f6 Ld6 64. Lf4 Te1+ 65. Kf5 Lc5 66. f7+ Kg7 67. Le5+ Txe5+ 68. Kxe5 Kg6 69. Th4 Le7 70. Kf4 Kg7 71. Txg4+ Kh7 72. Kf3 - 1:0.

Weiter geht es im Dezemberheft.

 
 
Auszug aus
"Aus der Not geboren, gut geworden | Tegernsee-Masters ein voller Erfolg"
erschienen in

SCHACH MAGAZIN 64, Dezember 2020

Schach-Magazin a a a
Designelement SM64-Kaleidoskop Designelement
  Remisschluss einmal anders

Zu der nachstehend abgebildeten Stellung kam es am im Januar beim Open in Gibraltar zwischen zwei Spielern der Weltklasse. Weiß hat einen Bauern mehr, kann aber die Punkteteilung – zu der es mehrere Wege gibt – nicht verhindern:

 

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