Schach Magazin
Ausgabe 9 mit diesen zentralen Themen ::

Eine triumphale Woche für Wang Hao





Foto: Biel Chess Festival

Zwei Drittel der Teilnehmer erhielten am Ende eine Medaille (v. l.): Magnus Carlsen (2. Platz), der Sieger Wang Hao, auf Platz drei und vier mit je 16 Punkten Hikaru Nakamura und Anish Giri.


Die ersten Augusttage dieses Jahres werden für Wang Hao unvergesslich bleiben. Gold und Silber bei den Olympischen Spielen in London, der erste Platz beim Schach-Superturnier in Biel.

Es handelt sich natürlich nicht um die gleiche Person, sondern um zwei Namensvetter, wovon es reichlich gibt. Von allen Nachnamen ist Wang weltweit der am häufigsten vorkommende. Es gibt mehr Wangs als Deutsche; nach chinesischen Quellen tragen rund 96 Millionen Menschen diesen Namen.

Der am 15. Dezember 1983 geborene Tischtennisstar Wang Hao hat bei den Olympischen Spielen im Einzelwettbewerb die Silbermedaille gewonnen, kurze Zeit später mit Chinas Team Mannschaftsgold. Am Ende seiner großen Karriere ist er möglicherweise noch nicht angelangt, dennoch kann man mit fast 29 Jahren in dieser Sportart keine großen Zukunftspläne mehr schmieden. Sein Schach spielender Namensvetter ist dagegen erst am Anfang seiner Laufbahn, einen Tag nach dem Abschluss des Bieler Turniers, genau am 4. August feierte er seinen 23. Geburtstag.

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Doch es war nicht gelaufen, Carlsen ließ das Turnier mit drei Remisen ausklingen, während Wang zunächst gegen Nakamura gewann, dann gegen das Schlusslicht Bologan verlor, aber in der letzten Runde nochmals gewann, mit Carlsen gleichzog und nach der "Bieler Wertung" Turniersieger wurde. Hier ist die Entscheidungspartie:

Grünfeldindisch D 97
Wang Hao - A. Giri
GM-Turnier Biel, 2012

1. Sf3 Sf6 2. c4 g6 3. Sc3 d5 4. Da4+ Das Schachgebot ist giftig, denn Schwarz hat nur eine gute Antwort, nämlich …Ld7. Nach 4. …c6?! besetzt Weiß forciert das Zentrum mit 5. cxd5 Sxd5 6. Sxd5 Dxd5 7. e4 Dd6 8. d4 Lg7 9. Le3. Im Gegensatz zu vielen Varianten in dieser Eröffnung kann Schwarz hier kein Gegenspiel gegen das Zentrum kreieren, insbesondere fehlt ihm die typische Möglichkeit …c5. 4. …Ld7 5. Db3 dxc4 6. Dxc4 Schwarz muss sich nun sehr beeilen, sonst besetzt Weiß mit d4 und e4 das Zentrum. 6. …a6 7. d4 b5 8. Db3 c5 Nur dieses Bauernopfer stört die weißen Kreise etwas. 9. dxc5 Den Vorstoß 9. d5 kann Schwarz gut mit 9. …b4 10. Sd1 e6 bekämpfen. 9. …Lg7 10. e4 0-0 11. Le2 Le6 12. Dc2 Sbd7



Der Mehrbauer auf der c-Linie ist nicht zu halten. In einer Partie Mamedyarov-Swidler spielte Weiß 13. b4, aber nach 13. …a5! (Abzuraten ist von 13. …Sxe4 14. Lb2, wonach Weiß den Bauern auf c5 behält.) 14. Tb1 axb4 15. Txb4 Sxc5 löste sich die Spannung bald auf, es folgte weiter: 16. 0-0 Dc8 17. Sd4 Scxe4 18. Sxe4 Dxc2 19. Sxc2 Sxe4 20. Txe4 Lf5 21. Txe7 Lxc2 22. Lxb5 Txa2 23. Te2 Lb3 24. Txa2 Lxa2 - remis.

Einige Male wurde 13. c6 versucht, aber auch dann verabschiedete sich der vorgerückte Bauer umgehend: 13. …Sb8 14. Sg5 Sxc6. Zwar konnte Weiß die gegnerische Bauernstruktur ruinieren, 15. Sxe6 fxe6, und dann noch einen Bauern gewinnen, 16. Sxb5, aber das schwarze Gegenspiel kompensiert alle diese Schäden mehr als ausreichend, z. B. 16. …Tc8 17. Sc3 Sd4 18. Dd3 Sd7 19. 0-0 Sc5 20. Dd1 Db6 21. Le3 Tfd8.

Nach diesen Erfahrungen etablierte sich in der Turnierpraxis ein anderes Vorgehen. Weiß gibt den Mehrbauern zurück und macht sich im Zentrum breit: 13. Le3 Tc8 14. Td1 b4 15. Sd5 Lxd5 16. exd5 Sxc5 17. 0-0 a5 18. Lb5 Sce4 19. Lc6 Dc7 20. Tc1 Sd6 21. De2 Sf5 22. Lc5 Eine gute Möglichkeit war jetzt 22. …Sd7!?, womit Schwarz einen der gegnerischen Läufer loswerden kann. Giri hatte etwas den Faden verloren und spielte 22. …Lh6 23. Tc2 Tfd8 24. Td1 und hätte nun mit dem Läufer nach g7 zurückkehren sollen. Solche Zugeständnisse macht man nicht gerne, aber es gab keine Alternative, denn der Partiezug 24. …e6? bringt den Nachziehenden in Schwierigkeiten. 25. dxe6 Txd1+ 26. Dxd1 fxe6 27. La4 Dd8 28. De2 Sg7 29. Se5 Se4 30. Sc6 mit Qualitätsgewinn nach dem folgenden Se7+, oder wie in der Partie:30. …Txc6 31. Lxc6 Sxc5 32. Txc5 – 1:0

Das war nicht der Tag von Anish Giri, während Wang Hao das "Turnier seines Lebens" mit einem gefälligen Schlussakkord beendete.

 


Auszug aus
"Eine triumphale Woche für Wang Hao | 45. Schachfestival in Biel"
erschienen in

SCHACH MAGAZIN 64, September 2012

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Designelement SM64-Kaleidoskop Designelement
  Remisschluss einmal anders

Zu der nachstehend abgebildeten Stellung kam es am im Januar beim Open in Gibraltar zwischen zwei Spielern der Weltklasse. Weiß hat einen Bauern mehr, kann aber die Punkteteilung – zu der es mehrere Wege gibt – nicht verhindern:

 

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